Daniel Andre Czeschner
Donauufer

Ich ging am Ufer der Donau entlang. Hier bei Günzburg hat sie bereits fast majestätische Ausmaße erreicht. Entsprungen im Schwarzwald als kleines Flüsschen wird sie durch den Zufluss der Iller bei Ulm zum ersten Mal schiffbar und bahnt sich dann ihren Weg quer durch Europa bis hinein ins schwarze Meer.

Im Wasser spiegelten sich die ersten Sonnenstrahlen des immer früher einsetzenden Frühlings. Ich starrte auf die Wasseroberfläche, verfolgte den Strom des Flusses und meine Gedanken schienen wie auf einem Schiff auf der Donau entlang zu treiben.
Ob es richtig war? War es im Affekt? Gibt es den Affekt überhaupt oder ist nicht alles Folge menschlichen Denkens und Planens? Gibt es den freien Willen überhaupt? Oder ist alles bestimmt? Sind wir nicht manchmal zu gewissen Handlungen gezwungen?
Ich sah über die Donau hinweg und sog die frische Luft des Auwalds tief in meine Lungen. Ein sanfter Windhauch blies vom Fluss herüber, trotzdem rann mir der Schweiß von der Stirn.
Ich musste es tun! Es gab gar keine Alternative! Ja, ich kann sogar sagen ich fühlte mich in dem Moment tatsächlich geradezu gezwungen dazu, es zu tun. Aber würde ich je damit zu Recht kommen?

Ich hatte noch immer die Bilder vor mir: Der zertrümmerte Körper, der Schädel gespalten, in tausende Bruchstücke zerborsten, zerlegt in das wilde Durcheinander seiner Elemente. Regungslos! Atemlos! Leblos!

Ich musste es tun! Dieses provozierende Lächeln voll unnahbarer Arroganz. Die Augen starr und der Blick doch absolut durchdringend. Ich hielt es nicht mehr aus! Zuerst sah ich ihn einfach nur an. Lang! Sehr lang!

Dann war es auch schon geschehen, ehe mich mein Verstand hätte aufhalten können.
Ich starrte in den Himmel. Wolkenlos blau.

Es war nicht richtig! Nein, es war wirklich nicht richtig!
Langsam trottete weiter entlang der Donau, einige Fahrradfahrer wichen mir fluchend aus.
Ich hätte es nicht tun sollen. Nicht vor  all den Kindern!

Ich hätte einfach an ihm vorbeigehen können, so wie all die anderen auch. Einfach so!
Aber ich konnte einfach nicht anders! Nicht in dem Moment!
Plötzlich riss mich eine wohl bekannte Stimme aus meinen Gedanken.
„Du Papa, meinst du die im Legoland kriegen das kleine Lego Äffchen wieder hin, über das du gestolpert bist?“ Erschrocken drehte ich mich um.

„Ja, Luisa“, sagte ich mit einem unguten Gefühl im Bauch, „ganz bestimmt!“
 
 
 
Daniel Andre Czeschner
Thannhausen