Julia Müller
Das vernachlässigte Mädchen

An einem schönen, sonnigen Donnerstag im Juni haben Nina und ihre beste Freundin Isabell sich dazu entschlossen, nach der Schule schwimmen zu gehen. Nina Maier ist 13 Jahre alt und geht auf die Realschule in Günzburg, wo sie auch mit ihren Eltern wohnt. Ihre Mutter heißt Katja und ist Chefärztin im Krankenhaus. Ihr Vater heißt Georg und ist ein sehr erfolgreicher Richter, der schön öfters Aufsehen erregende Fälle hatte.

Eigentlich braucht Nina nicht ins Schwimmbad gehen, weil sie einen großen Pool im Garten stehen hat, "aber da kann man ja keine Jungs beobachten" sagt sie immer zu Isabell.

"Oh Mann, wie lange brauchst du denn noch mit dem Schminken, das verläuft doch sowieso wieder wenn du mal abtauchst im Schwimmbad", ärgert sich Isabell über ihre beste Freundin.

"Ich bin schon fertig, also lass uns losdüsen", antwortet Nina

Als Nina am Abend heimkommt, sieht sie das rote Licht am Anrufbeantworter. Sie hört ihn ab. Es ist ihre Mutter: "Hallo Schatz, ich bin’s, du, es dauert heute leider wieder länger, tut mir leid, du kannst zur Oma gehen, wenn du willst und bitte mach niemandem auf, ohne vorher den Türlautsprecher abzunehmen und zu fragen wer da ist".

Das kennt Nina eigentlich schon, aber trotzdem wird sie immer wieder traurig, wenn sie ihre Mutter am Abend nicht mehr sieht und ihr nicht alles Wichtige vom Tag erzählen kann. Ninas Vater ist nur ab und zu da. Außer, er hat einen Tag frei.

Am nächsten Morgen wird Nina von ihrer Mutter geweckt: "Aufstehen Schatz, es ist schon halb sieben, du musst doch in die Schule.". Als Nina aus dem Bett steigt, fragt sie ihre Mutter ziemlich energisch: „Wann bist du gestern denn nach Hause gekommen? Um halb Zehn warst du nämlich immer noch nicht daheim?"
Die Mutter antwortet: "Stimmt. Die Not-OP hat länger gedauert als geplant".

Als Nina fertig ist mit Frühstücken und sich gestylt hat, verabschiedet sie sich und sagt gleich, da sie ihre Mutter nach der Schule nicht mehr sieht, dass sie heute Mittag mit ein paar Freunden in die Stadt geht.
"Pass auf dich auf", meint ihre Mutter.

Nachdem die Schule zu Ende ist und die Freunde in der Stadt war, kommt Nina nach Hause und ist wie so oft ist sie mal wieder al1eine. Dieses Mal hat sie eine SMS bekommen, dass ihre Mum wieder später kommt.

Dann fällt Nina ein, dass ihr Vater für den Rest des Wochenendes nach Hause kommt und dann was mit ihr unternimmt. Als sie diesen freudigen Gedanken gerade entwickelt hat, klingelt das Telefon: "Hallo, hier Meier", sagte Nina.

"Ja Hallo Schatz, ich bin’s, dein Papa, du, tut mir Leid, ich schaffe nicht bis morgen hier zu sein, ich hab noch so viel Schreibarbeit zu erledigen".
"Ja, war ja klar, dass das nicht klappt. Mum kommt auch wie immer mal später und du jetzt auch noch", sprach sie genervt und wütend ins Telefon.
"Ja, tut mir echt leid, du, ich muss dann wieder aufhören, bis dann und sei bitte nicht traurig.
"Ja, tschüss", murrt sie und legt auf. Sie ist wütend und traurig zugleich. "Nein ich mach das nicht mehr länger mit, die können jetzt was erleben" ,schimpft Nina vor ich hin und geht in ihr Zimmer.

Als sie ihre Sachen alle in einen Koffer gepackt hat, beschließt sie einen Abschiedsbrief zu schreiben:
„Hallo Mama und Papa,
wie ihr vielleicht schon bemerkt habt,
bin ich nicht mehr hier.
Ich bin zu dem Entschluss gekommen
euch zu verlassen, da ich bei euch
sowieso keinen Platz übrig habe,
ich habe mir das jetzt lang genug
gefallen lassen, aber nun, wo euch
der Beruf anscheinend wichtiger ist
als ich, gehe ich wo anders hin,
wo ich euch nicht im Weg stehe.
In Liebe, eure Tochter Nina!".

Sie kauft mit ihrem Taschengeld ein Bahnticket nach Berlin, wo ihre Tante wohnt. Sie weiß, dass sie dort nicht lange bleiben wird, weil das die Schwester von ihrer Mutter ist, aber ihr ist nichts Besseres eingefallen.

Als sie die Straße entlang läuft hält ein Auto neben ihr. Der Mann, der darin sitzt sagt zu ihr: „Hey Mädchen, kann ich dich vielleicht ein Stück mitnehmen?".
"Wo fahren Sie denn hin, auch nach Berlin?", fragte sie.
"Ja, was für ein Zufall, komm steig ein".
Der Mann erscheint Nina sehr nett und sie steigt deshalb bei ihm ein.

Plötzlich wird der Mann ziemlich unfreundlich und herrscht sie an: "So, Schätzchen wir fahren jetzt zu mir nach Hause und das ist nicht in Berlin.“
,,Lassen Sie mich sofort raus, hören Sie!", schreit sie ihn ängstlich an.

Aber er hört nicht auf sie und fährt weiter. Als Nina aufgibt und ihn nicht mehr anbettelt merkt sie, dass das sowieso keinen Sinn hat. Als sie bei seinem Haus sind, droht er ihr: "Und wehe, du schreist rum, wenn du aus dem Auto steigst, dann bring ich dich um!“

Zur gleichen Zeit kommt Ninas Mutter nach Hause und sieht den Brief ihrer Tochter auf dem Tisch. Sie liest ihn durch. Erschrocken ruft sie ihren Mann an und erzählt ihm von dem Brief.
"Das kann doch nicht wahr sein und wir sind an allem Schuld. Ich fahre sofort los, bis dann", sagt der Vater. Die Mutter ruft sofort die Günzburger Polizei an, die sagen: "Tut uns leid, wir können nach drei Stunden noch nicht viel unternehmen, erst nach 24 Stunden.“.

Als das Gespräch zu Ende ist und die Mutter stinksauer auf die Gesetze in Deutschland, klingelt das Telefon. Sie geht hin. Es ist der Entführer: "Hallo, Frau Maier, ich habe ihre Tochter und wenn Sie wollen, dass ihr nichts passiert, dann bringen Sie mir morgen in einem silbernen Koffer 100.000 Euro! Und Ihr Mann soll meinen Bruder freilassen aus dem Gefängnis, ich denke, er weiß wen ich meine, nämlich den, der unschuldig ist. Und keine Polizei, wenn sie Ihre Tochter nicht auf dem Friedhof besuchen wollen", drohte der Mann eiskalt.

Nach etwa zwei Stunden kommt ihr Gatte nach Hause und sie erzählt ihm alles. Der besorgte Vater überlegt wer es sein könnte, den der Mann gemeint hat und schaut im Büro einige Akten durch. Es gibt tatsächlich einen, auf dei Beschreibung passen könnte: Harald Börnke. Der sitzt wegen Mord im Gefängnis, Es war ein dubioser Fall.

"Der ist es und kein anderer, der wohnt in Krumbach, wo vielleicht auch sein Bruder mit Nina ist", sagt der Vater entschlossen zu seiner Gattin.

Als die Eltern in Krumbach ankommen, suchen sie nicht lange nach der Hausnummer. Nachdem sie geklingelt haben, macht ein etwas muskulöser großer Mann auf.

"Ach ne, der Herr Richter kommt persönlich, um eine Tochter abzuholen".
"Reden Sie nicht rum, geben sie uns sofort unsere Tochter!“, sagt der Richter.
„Erst wenn du meinen Bruder frei lässt, er war es nicht, der seinen Vater umgebracht hat, ich war es", meint Börnke.
„Ok, wir lassen das Verfahren neu aufrollen und Sie können dann erzählen, wie es wirklich war", sagt der Vater.
Nachdem er diesen Satz ausgesprochen hat, kommt Nina aus dem Haus.
"Papa und Mama, ich wollte das alles nicht" rief sie.
"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen schließlich sind wir Schuld, dass du überhaupt weg bist von zu Hause", antwortet ihre Mutter voller Tränen in den Augen.

"Endlich sind wir wieder eine Familie", sag das vernachlässigte Mädchen und lässt sich von ihrem Vater und ihrer Mutter umarmen.



Julia Müller
Kötz